Brief an meine Kusine in Sachen Luhmann

Das Geburtstagsgeschenk war der Band "Beobachtungen der Moderne", der Bezug des Briefes aber "Das Erziehungssytem der Gesellschaft", denn Töchterchen S. ging grade zur Schule.

 

Liebe Erika,
Niklas Luhmann also. Ich habe Lust, ihn ein wenig zu bedenken.

Lies doch die Einleitung von "Beobachtungen der Moderne" und dann unverzügt: ´Die Beschreibung der Zukunft´ - Kap. 4. ! Welch Analyse der Gegenwart durch wissenschaftlich genaue und durch die Genauigkeit symphatisch neutrale und intensive Zukunfts-Definitionen! Die rasantesten 18 Seiten, die ich von Luhmann kenne.

Das Phantastische an Luhmann ist das Allumfassende seines Kosmos. Es bewirkt eine Art Flächenbrand für die Wahrnehmung. Wahrnehmen dessen was geschieht und wie es zusammenhängt.

Luhmann (1927-1998) startet – siehe Einleitung – gerne in der Postmoderne, da er sie unmittelbar erlebte, und weil er an ihr die über 100 Jahre zuvor begonnene Umwälzung vom einheitlichen Weltbild hin zu Pluralismus, Individualismus usw. auf die Spitze getrieben sieht. Die Postmoderne habe ´bekannt gemacht, dass die moderne Gesellschaft das Vertrauen in die Richtigkeit ihrer eigenen Selbstbeschreibung verloren hat´ (7) – dies ist einerseits bereits typisch Luhmann kryptisch, andererseits aber höchst genau: wenn die Postmoderne ´bekannt gemacht´ habe, so heißt das, dass es sich in kommunikativen System gezeigt und zugetragen hat.

Frage mich bisweilen, ob es die Postmoderne tatsächlich gegeben hat. Sie hatte immer den Beigeschmack eines allzu künstlichen und zeitgeist-banalen Trug-Konstrukts, zumal allzu oft beteuert wurde, wie recht doch alle hätten, die da so gleichzeitig in alle Richtungen ihre widersprüchlichen Wahrheiten plapperten. Welch Hühnergeschrei um Konstruktivismen, Flexibilität und Multikultur.
Gibt es sie noch, die Postmoderne? Vermutlich auf Niedrigniveau. Hab ich ne Moderne verpasst? Kam was nach?


Vorzuwerfen wäre der Postmoderne, dass sie alles panisch verschlimmerte: den vordem noch erahnbaren Weltzusammenhang hat sie wie wild geworden Halbwahrheiten mit geringer Halbwertzeit geopfert. – Nicht dass es uns nun schlechter gehen muss, nach evolutionärer Geschicktlichheit sieht es mir jedoch nicht aus … .
Was meinst?!

Wie dem auch sei, Luhmann sammelt die Scherben und erkennt durchaus überrascht, dass sie zusammenpassen und sich tatsächlich auf Einheitlichkeit zurückführen lassen: All die Subgruppen und Konzepte, all die Nieschen, Wirklichkeiten und eben: Systeme lassen sich beschreiben, wenn man beobachtet, wie sie kommunizieren. Mehr macht Luhmann nicht, als das Kommunizieren zu beobachten. Ob ´das Erziehungssystem der Gesellschaft´, ´die Kunst der Gesellschaft´, ´die Religion der Gesellschaft´, ´die Wirtschaft der Gesellschaft´ oder – top drauf (2 Bände) - ´die Gesellschaft der Gesellschaft´, er geht in diesen ´Sozialen Systemen´ immer von Kommunikation aus und entdeckt daran die Mechanismen des Miteinander- oder Gegeneinander- Funktionierens.

Ein kleiner Blick in mein rechnerinternes Lexikon: „Ausgehend von der biologischen Systemtheorie trieb Luhmann seit den siebziger Jahren entscheidend die Entwicklung der sozialwissenschaftlichen Systemtheorie voran. Soziale Systeme werden dabei als selbstreferentielle operativ geschlossene Systeme betrachtet. Sie sind durch Kommunikation miteinander verbunden und nicht durch Handlung, wie in den meisten anderen soziologischen Theorien“.
Kleine Gegenfrage also: Kommt Kommunizieren tatsächlich vor Handeln?

Ich denke ja, denn ehe man handelt, muß man sich verständigen. Niemand existiert alleine und handelt im Vakuum eines Umfeldes, das es immer irgendwie geben muss (Ausnahmen vielleicht Amok oder Amöben). Doch weiter im Lexikon: „Das Luhmann’sche Theoriengebäude wird von Kritikern heftig angegriffen, da darin Gesellschaft einseitig funktionalistisch gesehen werde und die soziale Wirklichkeit sich auf rationale Aspekte reduziere“. Seltsam, dass Wissenschaft anders als ´auf rationale Aspekte reduzierend´ vorgehen soll oder kann – soll sie gspinnert werden?!

Luhmann macht jedenfalls alles an Kommunkation fest. Beispiel ´Erziehungssytem / Pädagogik´ - ich wollte Dir eigentlich ´die Schriften zur Pädagogik´ zukommen lassen, die mich derzeit erfreuen, doch schien mir die Systemtheorie darin nicht so leicht zugänglich, weshalb ich mich gern auf den Klassiker der ´Moderne´ zurückbesann.

Also los: Es ist reichlich fatal, wenn Luhmann zeigt, dass Schüler trivial behandelt werden, obwohl sie nicht-trivial sind (am ´trivial´ hängt  noch der Begriff ´Maschine´; stammt aus der Kybernetik, ist recht berühmt, doch sollte nicht irritieren. Bei Google ´Trivialmaschine´ gesucht ergabt bei (nur) 143 Treffer mit Treffer 7 einen trefflich frechen Text zum Thema – unter http://www.sozialarbeit.ch/dokumente/sozialkompetenz.pdf (whow, 2015 noch online!).

Dass Schüler nicht trivial sind, wissen alle. Eltern, Lehrer, Politiker. Wer oder was es aber nicht weiß, ist das System, das Programm Schule. ´Wissen´ kann es auch nichts, denn es funktioniert ja nur. Und das scheint die Krux zu sein: dass es funktioniert und es so schwer ist, es auf ´Nicht-Trivialität´ umzuorientieren – auf Kreativität oder Phantasie oder Eigenwill z.B.. Es ist deshalb so schwierig, weil Lehrpläne und das System Schule und Zensur und all das ein in sich geschlossenes System ist, dem kommunikativ direkt nichts gesagt werden kann. Das erledigen z.B. Bundeskultusminister, die sicher alle nicht-triviale Kinder haben, aber ihrerseits mit Systemen kommunizieren, die von alledem noch viel weniger Ahnung haben.

Wir haben denn also im System Schule und Schüler, und Lehrpläne und Pflichten, die das Miteinander regeln. Die Schüler kommunizieren fleißig miteinander und haben auch noch mit vielen anderen Systemen zu tun: mit Eltern, mit Schwimmkurs usw.. Im System Schule sind sie ganz wichtig. Sie nehmen den Lehrplan auf. Der Lehrplan aber ist so gut wie gottgegeben. Es gibt kaum Kommunikationsverlinkungen aus seinen Entscheidungsgremien hinaus. Nebenbei ist zwar Elternengagement – wie Ihr es betreibt – als ein weiteres System immens wichtig – Lehrpläne und –methoden aber bleiben dennoch – ja sogar für Lehrer! - unbeeinflussbar. Im Übrigen fragt sich Luhmann vielleicht zurecht im Dir nun vorliegenden Band, „ob es überhaupt noch gesellschaftliche Positionen gibt, von denen aus Wissen repräsentativ vertreten und mit entsprechender Autorität kommuniziert werden kann“ (171 – Ökölogie des Nicht-Wissens).

Bildung ist eine recht komplexe Angelegenheit im Bereich des Nicht-Trivialen. Es lässt sich abstrakt und konkret kaum sagen, was genau Bildung ist – auch Lehrplan ist noch keine Bildung, denn sie ereignet sich den Köpfen. Sie tritt erst zutage, wenn jemand dem Mund aufmacht, Kluges sagt, und vermuten lässt ´aha, gebildet´. Bildung wird man nie total kommunizieren können, sondern stets nur erahnen – sie ist bezüglich ihrer Inhalte eine Art blinder Fleck.


Wenn Luhmann sagt, ´gute Zensuren haben mehr mit schlechten Zensuren zu tun als beispielsweise mit Bildung´(2004 – Pädagogikbuch S. 33), so meint er mit Bildung nicht-triviale Potenziale, wohingegen die Zensuren einem System entspringen, das zwangsläufig trivial einordnen muß, um eben einordnen zu können. Schule kann und soll sich nicht auch noch um die nicht-trivialen Komplexitäten der Schüler kümmern müssen.

Zu den Codes der Zensur: „Es bildet sich, ob geplant oder nicht, ein codiertes Selektionsmedium, das abstrakt genug ist, um Religion und Mathematik, Grundschule und Gymnasium, Arbeiterkinder und Akademikerkinder übergreifen und aufeinander beziehen zu können. Dieser Code fasziniert das Erziehungssystem – genauso wie das Wissenschaftssystem sich durch die Differenz von wahr/unwahr oder wie das Wirtschaftssystem sich durch die Differenz von Haben/Nichthaben oder von Zahlen/Nichtzahlen faszinieren lässt. Er fasziniert Lehrer und Schüler gleichermaßen. Er zwingt zur Dauerberwertung … zu auswertbaren, mitnehmbaren Positionen“ (33).

Der zweiwertige ´Code´ von gut/nicht gut ist also das notwendige Schema, die schulischen Belange einzuordnen. „Trivialmaschinen lassen sich leicht – und Stichwort ´Selbstdisziplin´ auf Fehler hin (39) - beobachten und beurteilen, man braucht nur festzustellen, ob die Transformation von Input und Output richtig funktioniert. Man kann außerdem, ohne die Typik der Maschine zu ändern, die Erwartung an das Programm steigern und den Unterricht mit diesem Ziel sequentiell unter höhere Ansprüche stellen. Das kann zu sehr hochwertiger Arbeit führen. Man kann hoffen und zum Ausdruck bringen, dass eine Person sich ´bildet´, wenn sie ihr´ Selbst´ auf die Fähigkeit abstellt, als hochkomplexe Trivialmaschine mit vielen anspruchsvollen Programmen zu operieren. Trotzdem bleibt eine eigentümliche Diskrepanz erhalten. Bildung heißt dann allenfalls: innere Form; nicht: innere Freiheit. Es wäre ja auch schwierig, einen Schüler im Unterricht zusammen mit anderen zu fördern, der sich von seinem Selbst soufflieren lässt, er würde jetzt lieber hinausgehen …, er halte überhaupt nichts von Mathematik und denke die ganze Zeit an Fußball“ (37).

Luhmann sagt nicht, dass die Schüler trivialisiert werden. Sie richten sich im schulischen Code des richtig / falsch ein und holen sich die Komplexitäten anderswo und durch innere Phantasie (die die Schule eben nicht zu interessieren hat). Und sie denken auch an Fussball. Doch vielleicht sind Schüler bisweilen deshalb so hyperaktiv, weil sie in den Klassen vor allem trivial gefordert sind und nicht das natürliche komplexe Wesen wesentlich ist.

Doch aber lässt sich das Problem im System weder wahrnehmen noch ändern, da alle kommunikativen Normalitäten selbstbezüglich sind und weder Lehrer noch Lehr-Programmplaner außerhalb ihrer Kompetenzen einschließlich des richtig / flasch handeln können. Änderung kann nur kommunikativ von außen erfolgen, doch Systeme sind hartnäckig und nur widerwillig lernfähig – sie scheinen evolutionär auf Selbstverteidigung und nicht auf Offenheit ausgerichtet zu sein.

Nochmal zur Codierung – ich zitiere Luhmann übrigens gerne ausführlich, da ich für die Klarheit seiner zugegebenermaßen abstrakten Sprache werben will – und fasse deswegen nicht zusammen. Also O-Ton: „Man kann die Wahlmöglichkeit, die der Code zur Verfügung stellt auch ablehnen. Es kann einem gleichgültig sein werden, ob man positiv oder negativ beurteilt, versetzt oder nicht versetzt wird, und diese Möglichkeit ist nicht nur für schlechte, sondern auch für solche Schüler aktuell, die mit etwas Mühe gute Schüler sein könnten, und dies wissen. Man kann aussteigen.


Dies ist zunächst eine logische Möglichkeit. Sie hat aber auch eine psychologische Chance. Die Selbstwerteinschätzungen scheinen gegenüber schulischen Bewertungen relativ unabhängig zu sein, so dass ein Aussteiger seine Selbstachtung mitnehmen, ja geradezu um ihretwillen disponiert sein kann, sich dem Selektionscode der Schule nicht zu fügen. Besonders in der Pupertätssphase sind Schüler oft so stark durch andere Bedingungen von Erfolg und Misserfolg fasziniert, dass der Selektionscode der Schule demgegenüber pauschal abgewertet wird. Auch soziologisch muss ein Aussteiger nicht auf soziale Beziehungen und auf Kommunikation verzichten. Er verlässt die Schule; und manches deutet darauf hin, dass es ihm relativ leicht fallen wird, unter Altersgenossen Verständnis zu finden“ (44).

Völlig klar, dass mit einem solchen Bruch ein ganz anderes systemisch-psychologisches Terrain betreten wird. Nicht mehr durch richtig / falsch, sondern vielleicht über frech / brav werden Karrieren gemacht oder mutig / mutlos usw. Alle möglichen weiteren Anschlussmöglichkeiten freilich werden kommunikative Code-Bedingungen haben, die je nur für die jeweiligen Systeme gelten. Man mag zwar immer mit allen reden können, doch habe ich vom Kommunikationssystem Pop kein Ahnung, auch nicht von dem der Börse usw… . In welchen Systemen man auch aktiv ist, die ´Karriere´ ist, im Gegensatz zu einem durch Geburt bestimmten Status, die moderne Form des Werdens, Wachsens und Wandelns. Sie prägt bekanntlich einschließlich des ´richtg / falsch´ weit über die Schule hinaus und ist eine generelle kommunikative Schnittstelle (vgl. Pädagigik 30ff).

Das Schulsystem und den Aussteiger betreffend fügt Luhmann unmittelbar an, „dass das Schulssytem auf eine solche Ablehnung nur zweiwertig reagieren kann. Es verfügt nur über einen zweiwertigen, nicht über einen dreiwertigen Code. Entweder man hat einen Schulabschluss, oder man hat keinen; es gibt keine dritte Möglichkeit“ (44f). Das Dritte ist jenseits der systemischen Urteilskraft. – Entweder man ist dabei, oder macht was anderes.

Luhmann gibt natürlich Vorschläge, das zweiwertig Triviale zu überwinden, weist aber eben auf die kommunikativen Bedingungen, die kaum zu umgehen sind. Eine Umpolung auf kreativ / nicht-kreativ (anstatt von Noten) wäre nur die Verlängerung dessen, was ist. Nur Kommunikation kann bewirken, dass das Richtige und Falsche (trivial) an andere Werte gebunden werden kann.

Ich frage mich oft: Wie kann es sein, dass mir rechte Gesinnungen (von Ultra bis CDU) derart fremd, dass mir Einsicht und Einfühlung fehlt und ich mich frage ´wie kann man nur so denken´. Doch die Antwort ist wohl sehr simpel: Würde ich in rechten Kreisen handeln und kommunizieren, kämen die Einstellungen durchaus – sofern sie sich mit meiner bisherigen ´Code-Karriere´ decken lassen. Ich begreife das ´Andere´ nun zwar auch nicht, doch weiß, dass allein die Kommunikation Barrieren löst, und ja auch ich – kommunizierend – Anderes überzeugen kann. Das mag nun sehr banal klingen, doch gefällt es mir seiner Einfachheit besser als Philosophien, die die Welt auch nicht retten konnten.

Das System Luhmann möchte ich vergleichen mit einem großen stahlbauwerkähnlichem Bau mit vielen Hallen und (Kommunikations-) Röhren. Darin sind wir alle; ist alles. Leider ist der Bau eine Baustelle. Denn Luhmann hat zwar die Anleitung zur Wahrnehmung eben der Welt – dieses Baus -  um uns vorgelegt, doch die Inbetriebnahme steht noch aus. Der Bau ist von Luhmann aus gesehen (seitens der Systemtheorie, die er keineswegs alleine verantwortet) ein Rohbau. Wir, die ins Leben Geworfenen wuseln, wir handeln und kommunizieren, doch schaffen es nicht, dieses kleine Stück systemtheoretischer Selbstbeschreibung umzusetzen. Denn wir wählen FDP (-Wahrnehmung) und nicht Luhmann, der das Warum des FDP-Wählens analysiert. Luhmann ist in den existenten kommunikativen Systemen als Option nicht existent. Er ist keine Religion, obwohl er Religion sein könnte (weil er sie nahe bringt). – Ich selbst halte wenig von Heilsbotschaften, ertappe mich aber luhmannbezüglich in Duselei: Doch aber sei, verdammt, behauptet, dass das alles zusammenhält und funktioniert – tut es ja ohnehin – und dass es Mechanismen gibt und geben muss (bei Gott!), das lustvoll, indem man sie wahrnimmt, wahrzunehmen und voranzubringen. Es geht mit Luhmann ja nur um Wahrnehmung von Wahrnehmung, es geht nicht um Handeln oder Politik oder Philosophe, es geht um die taktischen Urbausteine.

Parteien also wollen handeln. Sie versprechen. Für Innehalten und Erkennen scheint da gar keine Zeit zu sein – das ist in der Schule bezüglich Selbstreflektion ähnlich. Nun, und das war schon immer so: Kant hat viel vorgeschlagen, Hegel viel erkannt, Adorno viel gejammert … . Gehandelt wurde immer unabhängig davon. Vieles war anstrengende Theorie, die nun zum Teil zum Glück in Bibliotheken abhängt, doch behaupte ich, dass die Luhmann´sche Systemtheorie weder anstrengend noch schwierig ist. Natürlich ist er anstrengend! Bis zu dem Moment, wo die Theorie zur Eigenwahrnehmung wird. Dann erschließt sich alles weitere von selbst. Die Systemtheorie ist eine Anleitung zur Wahrnehmung.

Oft verstand und versteh ich Luhmann über Passagen hinweg nur irgendwie – lass mich sagen emotional – und vage. Kommt mir bisweilen vor wie Kreuzworträtseln. Bisweilen ist die Logik seiner Kommunikationszusammenhänge in der Tat  schwierig. Doch kann man Passagen auch leicht überspringen, ohne den Anschluss zu verlieren: Seine Theorie ist nicht hierarchisch! Er ist weder Weltverbesserer noch Politiker. Er handelt nicht, sondern analysiert – ist Soziologe. Er geht von einer Hand voll Begriffe – gewissermaßen ´Kontrollposten´ - aus. An ihnen beschreibt er unmittelbar, was vor sich geht. Er bedarf keiner Philosophie und keiner allzu abgehobenen Abstraktheiten – sein Medium ist das Unmittelbare von Sprache, Begegnung und Kommunikation.

Kannste Dich erinnern ´Die Unendliche Geschichte´ gelesen zu haben? Sie bewirkte bei mit eine Beflügelung der Wahrnehmung (was Literatur ja zu schaffen vermag). Ähnlich geht es mit mit Luhmann. „Die Baustelle“ also zum Funktionieren zu bringen bedarf es nur des ´Kicks des Blickes´. 


Zum Band ´Beobachtungen der Moderne´:

Kap. 1 geht davon aus, dass „die Rede von der ´kapitlistischen Gesellschaft´ erläuterungsbedürftig geworden ist und die Diskussion über  Differenzierung´, weil zu allgemein ansetzend, stagniert, fehlt eine adäquate strukturelle Beschreibung von Modernitätsmerkmalen. Seine aktuelle Konjunktur verdankt der Begriff der Moderne denn auch einer Schwerpunktverschiebung von Wirtschaft auf Kultur, die jedoch selbst der Erklärung bedürfte“ (12). U.s.w.. Vielleicht einfach mal ab S. 22 lesen ´Damit …´. Oder ab S. 46 ganz oben.

Kap. 2 beschreibt die Geschichte der europäischen Rationalität als Geschichte der Auflösung eines Rationalitätskontinuums … . „Aufklärung irrationalisiert alles, was ihr entgegensteht ... Einheit ist nur noch kulissenhaft (56). Tipp: die letzten beiden Absätze (S. 90).

Kap. 3. Da geht es um Kontingenz und Komplexität – is etwas komplex.

Kap. 4 = mein Tipp.

Kap. 5 - die ´Ökologie des Nichtwissens´ ist Extremsport, denn ausgegangen wird von etwas, was es gar nicht gibt: ´Nicht-Wissen´. Etwas für Abenteurer. … „Mit Moral immunisiert man sich gegen die Evidenz des Nichtwissens, weil die moralisch bessere Meinung sich mit ihren eigenen Argumenten bestätigen kann ... Moral zwingt zu Übertreibung“ (196). Und, weil´s auch Schule betrifft: „Organisationen sind Maschinen, die auf ihren eigenen Output reagieren und deshalb unzuverlässig funktionieren .... entscheiden nach Maßgabe selbstreferenzieller Prozesse, also auch nach Maßgabe ihrer momentanen Befindlichkeit  ... sie sind historische Maschinen“ (206)

Liebe Grüße
Matthias